Für viele gilt der Buddhismus als die liberalste unter den Weltreligionen und nicht wenige Menschen im Westen wenden sich, enttäuscht von ihrer eigenen Kultur und Religion, östlichen Lehren zu. Vor allem Frauen fühlen sich zur vermeintlich sanften und egalitären Religion hingezogen. Die Bandbreite an Ausformungen des westlichen Buddhismus  reicht von Buddhastatuen und esoterisch-östlich-buddhistischen Büchern für eine angepasste „Alltags-Wohlfühl-Spiritualität“ bis hin zu Frauen, die sich als Nonnen den buddhistischen Lehren verschreiben.

Der Buddhismus enthält wie viele  andere Religionen auch religiös begründeten Sexismus, der Frauen als Wesen zweiter Klasse betrachtet. Erkennbar wird das unter anderem in folgender überlieferter Aussage des Buddhas:

„Auch eine Nonne, die bereits hundert Jahre alt ist, muss einem Mönch gegenüber alle ihm zustehenden Ehren erweisen. Sie soll ihn mit aufeinandergelegten Händen grüßen, sich vor ihm verneigen und dabei angemessene Begrüssungsworte sprechen. Ich (=Buddha) verkünde dies als achte Hauptregel für Frauen, die alle Hindernisse überwinden und die Lehre zu ihrem Leben machen wollen.“ (Paul 1981:99)

Diese Regel ist die letzte der acht Hauptregeln, die nur für Nonnen gelten, jedoch nicht für Mönche. Der Status buddhistischer Nonnen ist geringer als der von Mönchen. Das führt dazu, dass Mönche in buddhistischen Ländern mehr Spenden von der örtlichen Bevölkerung erhalten als Nonnen.

Auch wird in buddhistischen Lehren und Reden die Frau als die Ursache allen Leidens dargestellt. Sie symbolisiert dabei das Nichtwissen, durch das Leiden entsteht. Durch ihre Gebärfähigkeit verursacht sie ununterbrochene Wiedergeburt und ihre „unkontrollierte Sinnlichkeit“ (Paul 1981:22) sowie „animalische Natur“ (Paul 1981:22) bringen laut Buddha Chaos und Zerstörung.

Buddha selbst sah den Wunsch von Frauen Nonnenorden zu gründen kritisch. Seiner Meinung nach führt die Zulassung der Frauen zum Nonnentum dazu, dass die Sangha (die buddhistische Gemeinschaft) 500 Jahre weniger bestehen würde. Gäbe es nur Mönche, würde die buddhistische Gemeinschaft 1000 Jahre bestehen bleiben.

Die Aussagen Buddhas, dass die Frau „die Grundlage allen Übels“ (Paul 1981:52) ist, legitimiert die Geringschätzung der Frauen. Um ihr angeborenes schlechtes Wesen sowie ihre Verruchtheit zu besiegen, müssen Frauen im nächsten Leben als Mann wiedergeboren werden. Ein Buddha, also ein Erleuchteter, kann niemals eine Frau sein und die Vollkommenheit kann von keiner Frau erreicht werden. Alle weiteren hohen Stellungen innerhalb des Buddhismus werden den Frauen verwehrt, somit ist klar, dass es sich beim Buddhismus um Männerherrschaft handelt, ohne einen Platz für Frauen.

Einerseits gibt es diese in den den Schriften überlieferten Aussagen Buddhas, die die soziale Stellung der Frau in buddhistischen Ländern bestimmen und ihre Unterdrückung legitimieren. Andererseits streben Buddhistinnen danach, jede Trennung und alle Dualitäten zu überwinden und zu transzendieren, auch die zwischen Mann und Frau. Der Wunsch nach Transzendenz klingt auf den ersten Blick gut, offenbart aber auf den zweiten die Verharmlosung von sozialen Ungleichheiten bezüglich Rasse, Kaste und Geschlecht. Diese werden legitimiert durch die Lehre des Karmas, die besagt, dass man seine Stellung im Leben durch das Verhalten im vorhergehenden Leben erhält. Somit ist Ungleichheit keine gesellschaftliche Frage, sondern eine individuelle. Durch vorschriftsmäßiges Moralverhalten und asketische Enthaltsamkeit streben BuddhistInnen die Erlösung an oder zumindest eine bessere Stellung im nächsten Leben.

Diese individualisierte Sicht passt sehr gut in das westliche Weltbild, wo jeder Mensch seines eigenen Glückes Schmied ist und die Lösung sozialer Fragen immer weniger kollektiv geschieht. Denn im Buddhismus geht es eben nicht darum, eine Herrschaftsstruktur in Frage zu stellen oder abzuschaffen, sondern die Unterdrückung der Frau in buddhistisch geprägten Ländern wird durch die Lehre des Karmas und dem Versuch, Unterschiede zu transzendieren nicht gelöst, sondern verstärkt.

verfasst von Elisabeth Feldbacher, Bildungsreferentin AAI
im Rahmen der Veranstaltung „Buddha und die Frauen“ – Vortrag, Gespräch und Meditation, am 17. Mai 2018

Quellen:
My Hanh, Isabelle (1995): Kinder, Küche, Karma. Die Frau im Buddhismus und Konfuzianismus. Zwischen Matriarchat und patriarchaler Ideologie. Bern, edition amalia.

Paul, Diana Y. (1981): Die Frau im Buddhismus. Das Bild des Weiblichen in Geschichten und Legenden. Hamburg, Papyrus.

 

 

 

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