Was haben Handys, Fußball-Trikots, Garnelen und dein neues Schmuckstück gemeinsam? Für deren Gewinnung und Herstellung mussten wahrscheinlich Menschen in Sklaverei oder Sklaverei ähnlichen Umständen leiden. Aber dieses Problem haben wir doch nicht Europa?! Schauen wir es uns gemeinsam etwas genauer an.
Kaufst du gerne ab und zu neue Kleidung in einem großen Modehaus, besitzt du ein Smartphone oder ein sonstiges elektronisches Gerät oder brauchst du morgens einen Kaffee um richtig wach zu werden? Das trifft wahrscheinlich auf viele Menschen im globalen Norden zu. Unser Konsum verursacht und fördert moderne Sklaverei weltweit. Im Jahre 2016 lebten 40.3 Millionen Menschen in moderner Sklaverei, Tendenz steigend. Und man kann diese in so gut wie allen Industriesektoren finden. Der Anteil an Kindern in der Zwangsarbeit wächst ebenfalls. Die Wahrscheinlichkeit, dass für die Produktion unserer Smartphones kein Kind, welches in Sklaverei lebt, leiden musste, geht gegen Null. Drei Jährige Kinder sollten nicht dazu gezwungen w erden mit hochgiftigen Chemikalien seltene Erden und Mineralien zu gewinnen, um unsere fortschreitende Digitalisierung zu ermöglichen. Diese menschenverachtenden und rechtswidrigen Umstände werden gerne von den produzierenden Unternehmen verheimlicht und nicht bekämpft. Dies macht es schwierig für uns Endverbraucher*innen beim Konsumieren die genauen Hintergründe der Produktion zu erkennen. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Evi Hartmann hat in ihrem 2016 veröffentlichten Buch „Wie viele Sklaven halten Sie? Über Globalisierung und Moral“ die Beobachtung dokumentiert, dass für jede in Deutschland lebende Person 60 Sklav*innen arbeiten. Wie viele Sklav*innen genau für deinen Lebensstil benötigt werden, kannst du dir hier ganz einfach errechnen: http://slaveryfootprint.org/
Menschenhandel mitten unter uns?
Meine Intention ist es nicht dir mit diesem Text ein schlechtes Gewissen zu machen, dennoch sollten wir uns der prekären Verhältnisse bewusst sein und es liegt auch an uns die grausame Situation von heute zu ändern. Darüber hinaus kann man moderne Sklaverei und Zwangsarbeit auch bei uns in Europa finden. In Deutschland gibt es schätzungsweise 167.000 in Sklaverei lebende Menschen und in Österreich ist es fast jede zweite Person unter 1000. Zwar ist die Sklaverei seit 1926 durch die United Nations offiziell verboten, sie findet sich aber auch auf österreichischen Baustellen, in der privaten Krankenpflege und im Obstanbau. Das deutsche Bundeskriminalamt hat in seinem Bundeslagebild von 2017 „Menschenhandel und Ausbeutung“ festgestellt, dass es im Bereich der sexuellen Ausbeutung die meisten Strafverfahren gibt und das der unter die moderne Sklaverei fallende Menschenhandel dort am stärksten wächst. Jedoch bleiben die meisten Opfer mit ihrem Schicksal alleine, da sie sich nicht trauen Hilfe zu suchen oder sie dazu aus psychischen Gründen nicht in der Lage sind. Hier zu Lande kommen die meisten vorwiegend aus Rumänien und Bulgarien, was den Zugang zum deutschen Rechtssystem nicht erleichtert.
Terre des hommes weißt in dem Bericht Das Geschäft mit der Not darauf hin, dass je nach Fluchtroute 40 bis 75% der Minderjährigen ausgebeutet wurden. Im Zuge der Recherche wurden drei Formen von Menschenhandel zum Zwecke der Ausbeutung analysiert und aufgezeigt. Die sexuelle Ausbeutung, die Ausbeutung der Arbeitskraft und die Ausbeutung durch Ausübung strafbarer Handlungen. Diese sind sowohl im Herkunftsland, in Transitländern und vor allem auch in den Zielländern zu finden. Der Russland-Ukraine Konflikt zeigt einmal wieder eindrucksvoll, wie wichtig es ist, vor allem Minderjährige und Frauen vor Menschenhandel zu schützen. Es gibt bereits Berichte darüber, dass Frauen mit ihren Kindern in der Ukraine angeworben werden, um sie sicher nach Deutschland zu bringen. In Deutschland angekommen, droht den Frauen dann Zwangsprostitution und ihre Kinder werden teilweise an adoptionswillige Eltern verkauft. Frederico Fossi, Mitarbeiter des UNHCR, warnt, dass sie bereits heute von hunderten ukrainischen Frauen und deren Kindern keine Spur mehr haben.

Sklaverei gleich Sklaverei?
Nun möchte ich noch kurz auf die Unterschiede zwischen Menschenhandel, Sklaverei und Zwangsarbeit eingehen, bevor wir uns anschauen, was du und ich dagegen tun können. Im 19. Jahrhundert wurde vor allem der Handel mit Sklav*innen unter dem damals nicht genau definierten Ausdruck Menschenhandel verstanden. Die heutigen Verständnisse grenzen sich jedoch von der Sklaverei ab. Dies liegt zum einen an der offiziellen Abschaffung der Sklaverei in den meisten Länder der Welt und dem heutigen breiteren Verständnis von Menschenhandel. Die Mitgliedsstaaten der UNO haben sich im Jahre 2000 im Palermo Protokoll unter anderem auf eine genaue Definition von Menschenhandel geeinigt. Dabei macht man sich neben der Anwerbung, dem Transport und dem Transfer von Personen des Menschenhandels schuldig. Androhung oder die Anwendung von Gewalt, Nötigung, Entführung und Machtmissbrauch sind auch Teil des Menschenhandels. Der letzte Teil der Definition beschreibt die Absicht dieser Taten, nämlich die Ausbeutung von Personen durch unter anderem der Prostitution, der sexuellen Ausbeutung, Zwangsarbeit und Sklaverei. Bei Kindern gilt dies auch dann, wenn es zu keiner Bedrohung oder Gewaltanwendung kommt.
Die Internationale Arbeitsorganisation (IAO) und ihre heute 187 Mitgliedsstaaten, haben sich seit 1930 dazu verpflichtet Zwangsarbeit zu bekämpfen. Als Zwangs- oder Pflichtarbeit gilt demnach „jede Art von Arbeit […], die von einer Person unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat“. Im Jahr 2018 gab es schätzungsweise 24.9 Millionen Menschen in Zwangsarbeit. Laut dem Global Survey Index 2018 gab es 2016 40.3 Millionen Menschen, welche Opfer von moderner Sklaverei waren. Dabei sind 71% von ihnen weiblich und einer der höchsten Anteile an der Gesamtbevölkerung konnte man in Nordkorea, Afghanistan und Mauretanien finden. Seit 1926 definieren die Mitgliedsstaaten des UN-Menschenrechtsrates Sklaverei als den Status oder Zustand einer Person, über die eine oder alle mit dem Eigentumsrecht verbundenen Befugnisse ausgeübt werden. Später wurden noch sklavereiähnliche Praktiken in die Konvention aufgenommen, unter welche unter anderem Schuldknechtschaft, Verkauf oder Ausbeutung von Kindern und Zwangsehen fallen. 2018 lebten 15.4 Millionen Menschen, vorwiegend Frauen, in sogenannten Zwangsehen, in Deutschland wurden von der Polizei 50 bis 60 Fälle erfasst.

Aber was tun?
Nachdem wir uns nun ein Bild über die erschreckende und sich verschlechternde Lage weltweit gemacht haben und uns spätestens jetzt klar ist, dass unser Konsum und Lebensstil Sklaverei für Menschen überall auf der Welt bedeutet, schauen wir uns nun an, was wir selbst dagegen tun können. Den ersten Schritt hast du aber auf jeden Fall schon getan, indem du dich über das Thema informiert hast. Das Afro-Asiatische Institut Salzburg richtete im März und April 2022 zum Thema Gemeinsam gegen Menschenhandel einen Infoabend und eine Ausstellung in der Kollegienkirche aus. Hierbei kam die Wanderausstellung Ware Mensch zum Einsatz. Darüber hinaus kannst du davon ausgehen, dass Produkte, welche mit dem Fairtrade-Label versehen sind, nicht nur mehr Geld für die Landwirt*innen bedeutet, sondern auch, dass Zwangsarbeit und Sklaverei in der Produktion nicht vorkommen. Solltest du dir also solche Produkte leisten können, trägst du schon dazu bei die Situation nicht weiter zu verschärfen. Solltest du neue Kleidung benötigen, wäre ein erster Schritt dir alle deine Kleidungsstücke aus dem Schrank herauszulegen und zu schauen, was du wirklich benötigst und, ob du nicht zum Beispiel Dinge tauschen kannst, um zu verhindern, dass immer mehr neu produziert wird. Dies gilt auch für elektronische Geräte, welche unseren Alltag maßgeblich bestimmen. Nutze sie so lang wie möglich und lass sie bei Bedarf reparieren. Darüber hinaus gibt es auch faire Smartphones zu kaufen, wie das Fairphone. Solltest du mitbekommen oder hast du den Verdacht, dass eine Person in deinem Umfeld unter Menschenhandel leidet, so melde dies bei der Polizei. Zu guter Letzt gibt es diverse Menschenrechts- und Hilfsorganisationen, die sich gegen diese Art der Ausbeutung weltweit vorgehen. Anti-Slavery International setzt sich zum Beispiel seit 1839 neben vielen weiteren Menschenrechtsorganisationen gegen die Bekämpfung der Sklaverei auf politischer Ebene weltweit ein. Unterstütze oder trete solchen Organisationen bei und trag dazu bei, dass das 21. Jahrhundert das letzte sein wird, in dem es Sklaverei gibt.