Was bedeutet Mobilität? Wie oft benutzen wir unser Handy? Was ist eigentlich eine FoodCoop oder was bedeutet es, dass Salzburg seit 2014 eine Fairtrade-Stadt ist?
 

Dies waren zentrale Fragen mit denen wir uns beim konsumkritischen Stadtspaziergang am 24. Mai auseinandersetzten. Zweimal im Sommerhalbjahr wird der konsumkritische Stadtspaziergang von den Organisationen AAI, Südwind, Referat Weltkirche und InterSol partnerschaftlich organisiert. Ziel ist es, unseren Konsum kritisch zu reflektieren und unterschiedliche Auswirkungen auf lokaler und globaler Ebene zu beleuchten. Zudem sollen globale Wechselwirkungen sichtbar gemacht werden und nebenbei werden den TeilnehmerInnen hilfreiche Tipps zum nachhaltigeren Lebensstil mitgegeben. Die Themen dieses zweistündigen Spaziergangs waren Mobilität, Elektroschrott/Handy, FoodCoop und Fairtrade Stadt Salzburg. Inmitten eines bunten Treibens trafen wir uns am Hauptbahnhof. Nach der Vorstellung der beteiligten Organisationen startete Markus vom Referat Weltkirche auch schon mit dem ersten Thema.

Was bedeutet für euch Mobilität?

Mit dieser Frage begann ein kurzes Brainstorming in der Gruppe. Von vielen wurde Mobilität mit Freiheit, Unabhängigkeit, Bewegung oder Selbstbestimmung verbunden. Andere nannten Verkehr, Stau oder Umweltverschmutzung. Zu den in Österreich am meisten verwendeten Verkehrsmitteln zählt das Auto, der öffentliche Verkehr und der Flugverkehr. In Salzburg ist der Hauptbahnhof der Innbegriff von Mobilität. Hier wird sie deutlich sichtbar und wurde aus diesem Grund auch als Startpunkt des Spaziergangs gewählt. Markus versorgt uns mit interessanten Daten und Fakten zum Thema Mobilität. Mobilität hat sich in den letzten Jahren verhundertfacht und wird auch in Zukunft in einer Welt der Globalisierung, des Bevölkerungswachstums und der Urbanisierung weiter steigen. Allein der Personenverkehr nahm in Österreich zwischen 1990 und 2010 insgesamt um ein Drittel zu. Ein Leben ohne Auto ist für viele undenkbar. Auch in Österreich sind 2019 ca. fünf Millionen Autos zugelassen. Neben dem Auto wird auch der öffentliche Verkehr in Österreich gut genutzt. Auch er hat sich innerhalb von zehn Jahren um rund ein Viertel gesteigert. Pro Stunde werden über 200.000 Personen mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Österreichs Städten befördert. Die Zahl der NutzerInnen des öffentlichen Verkehrs ist in Wien am höchsten. Danach kommt Vorarlberg und Salzburg ist an dritter Stelle im österreichweiten Vergleich. Auch der Flugverkehr wird in Österreich stark genutzt. Seit 1990 hat er sich mehr als verdoppelt. Mittlerweile werden in Österreich 2,4 Millionen Tonnen CO2 jährlich durch den Flugverkehr verursacht. Kritisch zu beleuchten ist hier die Tatsache, dass der Flugverkehr für seinen Treibstoff keine Mineralölsteuer oder Energieabgaben bezahlt. Außerdem sind Tickets für internationale Flüge im Gegensatz zu Bahntickets zur Gänze von der Umsatzsteuer befreit.

Reflexion zur Mobilität: Ist es wirklich notwendig, so oft in den Urlaub zu fliegen oder kann man öfter mit dem Zug verreisen? Mittlerweile gibt es europaweit ein sehr gut ausgebautes Bahnnetz und bei zeitgerechter Buchung kann man sich hier Geld sparen. Bei dem stetig steigenden Verkehr in den österreichischen Städten ist es außerdem sinnvoll, öfter auf die öffentlichen Verkehrsmittel umzusteigen oder Fahrgemeinschaften zu bilden, damit man dem steigenden Verkehrsaufkommen etwas entgegen setzt.

Wie lange habt ihr euer Handy heute schon benützt?

Nach einem kurzen Spaziergang kamen wir zu unserer zweiten Station, wo wir uns mit dem Thema Elektromüll und Handy auseinandersetzten. Wir versammelten uns beim Elektroturm „Turmbau zu Babel“, der ein Kunstprojekt der Initiative TURMbau war. Auch wenn der Turm bei unserem Spaziergang gerade abgebaut wurde, sahen wir die ehemaligen Teile sehr gut. Ursprünglich waren 300 alte Audiogeräte, Radioempfänger, Kassettenrekorder, CD-Player und viele andere Elektroteile in Form eines Turmes aufgebaut. Gleich zu Beginn hat Anita in die Runde gefragt, wie lange wir heute schon unser Handy benutzt hätten. Mit meinen 30 Minuten lag ich ganz gut in der Mitte. Anita lieferte uns zudem eine Fülle von Informationen, wo für mich sehr viel Neues dabei war. In Österreich liegt Wien mit einer durchschnittlichen Handynutzung von 3,7 Stunden pro Tag an der Spitze. Ein Handy besteht aus über 60 verschiedenen Stoffen, 100 kleinen Einzelteilen und ca. 30 Metallen, wovon mehr als die Hälfte in China produziert werden. Der Herstellungsprozess durchläuft viele verschiedene Stationen, die auf mehreren Kontinenten verteilt sind. Im Durchschnitt nutzen ÖsterreicherInnen ihr Handy 18 Monate. Eine Erklärung für die immer kürzere Nutzungsdauer ist die Tatsache, dass viele Mobilfunkanbieter ihren KundInnen alle 12-24 Monate ein neues Handy anbieten. All unsere Elektrogeräte werden, wenn sie nicht mehr funktionieren, wir sie nicht mehr brauchen oder wollen, weggeschmissen. 50 Millionen Tonnen Elektroschrott produzierten wir im Jahr 2018 weltweit. Nur 20 % davon werden recycelt. In Österreich sind es 22 kg Elektromüll pro EinwohnerIn pro Jahr. Während in Österreich die Entsorgung einer Tonne Elektroschrott etwa 200 Euro kostet, beträgt der finanzielle Aufwand für die Verschiffung nach Afrika oder Asien nur die Hälfte. Das führt auch dazu, dass ca. 50-80% des Elektromülls in Schwellen- oder Entwicklungsländern landet, wo dies wiederum zu vielen Problemen führt.

Was kann man als KonsumentIn tun?
Anita stellte uns die sogenannte RE-Wabe vor, welche eine einfache Hilfestellung bietet, um in Bezug auf Elektrogeräte nachhaltiger zu handeln.
REthink: Brauche ich wirklich ein neues Handy? Oder kann ich vielleicht doch darauf verzichten?
REuse: Weigere dich, Konsumgüter immer gleich zu kaufen und versuche sie länger zu nutzen!
REduce: kaufe weniger; kaufe Konsumgüter, die weniger Ressourcen verbrauchen
REpair: Pflege und repariere kaputte Geräte, anstatt sie gleich wegzuwerfen!
REcycle: Vermeide Abfall, gib an andere weiter und entsorge kaputte Gegenstände bei fachgerechten Sammelstellen
 
Reflexion zu Elektromüll: Es ist beachtlich, wie viele verschiedene Rohstoffe und Metalle in unseren Elektrogeräten stecken. Viele wissen jedoch nicht, dass diese Rohstoffe unter schwersten Bedingungen, oft durch Kinderarbeit, in den ärmsten Ländern der Welt abgebaut werden. Diese ArbeiterInnen bekommen meistens keinen
fairen Lohn. Ist es wirklich notwendig, dass wir uns so oft neue Handys und andere Elektrogeräte anschaffen? Wenn man zudem überlegt, wie viel Elektromüll wir durch unseren alten Geräte produzieren. Diese Berge an alten Geräten werden dann oft in Entwicklungsländer wie Afrika transportiert. Dort verbrennen die ArbeiterInnen (eine Vielzahl von ihnen sind Kinder), unsere Altgeräte um an die (für sie wertvollen) Kupferkabel zu gelangen, für die sie pro halbes Kilo einen Euro bekommen. Die Luft ist verpestet, der Boden ist voller Splitter und Gift. Viele von den ArbeiterInnen bekommen Haut- und Lungenkrankheiten. Solche Bedingungen möchte ich durch meinen Müll nicht fördern und versuche deshalb meine Geräte lange zu verwenden, alte Geräte zu reparieren oder nachhaltig zu recyceln.

Was ist eine FoodCoop?

Nach dem Elektromüll ging es weiter zur FoodCoop “Bonaudelta” in Lehen, welche 2013 gegründet wurde. Lisa, von Intersol und zugleich Mitglied bei Bonaudelta, zeigte uns den Lagerraum und erklärte uns, dass eine FoodCoop eine Gemeinschaftsprojekt ist, in dem die Mitglieder aktiv mitarbeiten. Menschen schließen sich zusammen um selbstorganisiert Produkte direkt bei den Produzenten einzukaufen. Persönlicher Kontakt zu Bauernhöfen, kurze Wege und biologischer Anbau ist ihnen wichtig. Mitglieder beteiligen sich aktiv, denn die Gemeinschaft steht hier im Vordergrund. Sie beziehen ihre Produkte direkt bei den ProduzentInnen, und dies am besten so regional wie möglich. Die zentralen Gedanken von Bonaudelta sind es, unter ökologischen und sozialen Kriterien produzierte Lebensmittel zu einem fairen Preis zu konsumieren. Lebensmittelkooperationen sind auch als Ausdruck der Kritik am gängigen Lebensmittelsystem zu sehen, welcher stark von Konzernen, Supermärkten und der Agrarindustrie dominiert ist. Sie stellen sich gegen industrielle Landwirtschaft, Massenproduktion, lange Transportwege und Ungleichheiten im Produktionsprozess. Stattdessen setzen sie sich für regionale und klein strukturierte Höfe, kurze Wege und faire Bedingungen ein. Bei ihrem Tun stehen Fairness, Transparenz, ökologische Verträglichkeit, Selbstorganisation- und Verwaltung, Stärkung der Beziehung von Konsumentinnen und ProduzentInnen und alternative Vertriebsnetzwerke für regionale LandwirtInnen im Vordergrund. In Salzburg gibt es vier FoodCoops, bei welcher man sich bei Interesse einfach melden kann. Auch bei Bonaudelta kann man einfach zum nächsten Plenum kommen.

Reflexion zum nachhaltigen Konsum: Wie fair ist der Preis den wir im Supermarkt zahlen? Wer profitiert davon? Müssen wir wirklich alle Lebensmittel immer und zu jeder Jahreszeit verfügbar haben? All das sind Fragen, die ich mir nun, angeregt durch das Gespräch mit Lisa, vermehrt stellen möchte.

Wie wichtig ist eigentlich Fairtrade?

Vom Gespräch mit der FoodCoop Bonaudelta in Lehen spazierten wir weiter zum Schloss Mirabell. Beim letzten Stopp im Marmorsaal drehte sich alles um den fairen Handel. Wie uns Fairtrade-Beauftragte Hilde Wanner informierte, ist Salzburg seit 2014 Fairtrade-Stadt. Das heißt, dass bei der Produktanschaffung durch die Stadt Salzburg verstärkt auf fair gehandelte Produkte gesetzt wird.
Fairtrade verbindet KonsumentInnen, Unternehmen und ProduzentInnen. Er verändert Handel durch faire Bedingungen und stärkt damit Kleinbauernfamilien sowie ArbeiterInnen in Entwicklungsländern. Fairtrade steht für eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Das Fairtrade-Siegel kennzeichnet Waren, bei deren Herstellung bestimmte soziale, ökologische und ökonomische Kriterien eingehalten wurden. Ziel des fairen Handels ist es zu einem gesellschaftlichen Wandel beizutragen, indem das Leben der an der Produktion beteiligten Menschen und Familien in den Anbauländern verbessert wird. Welche Kriterien erfüllt werden müssen um zur Fairtrade-Stadt zu werden kann, kann man
hier genau nachlesen.

Reflexion zu Fairtrade: Damit alle Kleinbauernfamilien und Beschäftigte auf Plantagen in sogenannten Entwicklungsländern ein sicheres und gutes Leben führen können, ihr Potential ausschöpfen und über ihre Zukunft selbst bestimmen können ist es wichtig Fairtrade zu kaufen. Nur so werden diese Bauern finanziell ausreichend unterstützt damit sie in der Lage sind ein humanes und faires Leben zu führen. So haben sie die Möglichkeit ihre Kinder in die Schule zu schicken und ihnen ein gutes Leben zu ermöglichen.

Fazit

Der Spaziergang war nach zwei Stunden gut gefüllten Informationen auch schnell zu Ende. Danach fühle ich mich besser informiert. Manches war neu für mich, anderes wurde auf bestehendes Wissen ergänzt. Oft hinterfragt man viel zu wenig seine eigenen Konsummuster. Durch den Stadtspaziergang wurde ich persönlich wieder dazu angeregt mich mit meinem Konsumverhalten auseinanderzusetzen. Das Thema Mobilität hat mich dazu angeregt mehr an die Option der Fahrgemeinschaften oder des CarSharings zu denken um nachhaltiger im Verkehr zu partizipieren. Auch das Thema Elektromüll war sehr spannend. Für mich war das Thema zwar nicht neu, das Ausmaß des Problems in den Entwicklungsländern war mir jedoch nicht bewust. Mit dem Wissens des Spaziergangs erscheint es mir nun noch viel wichtiger auf die Langlebigkeit von Produkten zu setzen, sie zu reparieren und zu versuchen vermehrt gebrauchte Geräte zu kaufen. Die FoodCoop hat mich über alternative Lebensmittelbeschaffung informiert. Es ist toll zu sehen, dass es mittlerweile Alternativen zum herkömmlichen Modell gibt. Ich finde es besonders schön, dass hier auch das Miteinander und die Gemeinschaft eine große Rolle spielt. Bei unserem Spaziergang haben sich die Mitglieder gerade zu einem Sommerfest mit selbstgekochten Gerichten im Garten getroffen.
Fairtrade ist mir immer schon ein großes Anliegen gewesen. Die Initiative der Fairtrade-Stadt/Gemeinde finde ich sehr wichtig, um Bewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen. Der Spaziergang hat mich mit den Auswirkungen unserer Essgewohnheiten konfrontiert und hat mich animiert, über eigene Handlungsmuster zu reflektieren. Unser Konsumverhalten hat globale Auswirkungen, welche durch individuelle Entscheidungen beeinflusst werden können.

verfasst von Lisa-Marie Hiebl-Rausch, Praktikantin AAI Salzburg

Reflexion zum konsumkritischen Stadtspaziergang am 24. Mai 2019

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