„Wir müssen immer im Kern ansetzen und uns fragen: Was, wie und für wen wollen wir in Zukunft produzieren?“ (Christian Zeller)
„Ernährungssouveränität stellt die Menschen, die Lebensmittel erzeugen, verteilen und konsumieren, ins Zentrum der Nahrungsmittelsysteme, nicht die Interessen der Märkte und der transnationalen Konzerne.“ (Deklaration des Europäischen Forums für Ernährungssouveränität)
„Nicht die Supermärkte oder der Einzelhandel an sich sind das Problem, sondern der gesamte Prozess“ (David Steinwender).
Nur 5% der Lebensmittelverschwendung fallen auf Supermärkte
14% auf die Gastronomie,
39% auf den Herstellungs- und Verarbeitungsprozess und
42% auf die Haushalte.
Es lassen sich drei Hauptprobleme erkennen:
Zentralisierung
Schon jetzt liegt der Marktanteil am Lebensmitteleinzelhandel in Österreich von Rewe, Spar und Hofer bei 83%. Durch ihre Marktmacht bauen diese Unternehmen weiter aus, wachsen und verdrängen kleinere Unternehmen und Bauern vom Markt und berauben diese ihrer Lebensgrundlage. Das passiert unter anderem durch Maßnahmen wie die zunehmende Einführung von Supermarkt-Eigenmarken, es kommt zu einer Zentralisierung.
EU Subventionen
In der Europäischen Union werden fast 40% der ihr zur Verfügung stehenden Gelder für Agrarsubventionen ausgegeben. Die Idee dahinter ist klar:
Die EU möchte nicht, dass Lebensmittel aus dem Ausland bei uns billiger angeboten werden und die europäische Landwirtschaft dadurch geschwächt und durch eine chinesische oder brasilianische ersetzt wird. Dieses Problem ist nachvollziehbar.
Absurd wird es, wenn europäische Bauern oder Lebensmittelkonzerne ihre Nahrungsmittel aufgrund der Subventionen auf ausländischen Märkten billiger anbieten können als die Nahrungsmittel der dortigen Produzenten.
Somit passiert es, dass ein westafrikanischer Staat, der große Mengen an Tomaten produzieren könnte (und zwar ohne beheizte Gewächshäuser für den Winter), Tomaten aus der EU importiert, die lokalen Tomatenbauern ihre Produktion aufgeben müssen, ihre Lebensgrundlage verlieren und nach Europa fliehen um hier am Ende auf Tomatenplantagen arbeiten, deren Tomaten nach Afrika exportiert werden. Zusätzlich ist dieser Staat nun abhängig von den Importen aus der EU.
Man fragt sich, wozu es eine Welthandelsorganisation gibt, die solche Diskriminierungen eigentlich unterbinden, die Kooperation und Zusammenarbeitet der weltweiten Staaten fördern, und somit fairen und gerechten Handel herbeiführen sollte.
Die gleichen Diskriminierungen finden auch innerhalb der EU statt. Die Subventionen werden nämlich nach einem Flächenschlüssel vergeben: je größer das Unternehmen, desto mehr Gelder erhält es. Es handelt sich also um eine absichtliche Verschärfung der Zentralisierung in der Landwirtschaft.
Der Markt
Hinzu kommt, dass die produzierten Rohstoffe – wie alle Produkte – Marktschwankungen unterliegen, wodurch die Preise variieren und die Bauern meist gezwungen sind, sich an diesen zu orientieren, damit sie nicht vom Markt verschwinden.

Mögliche Alternativen
- Aufbauen einer Agrarpolitik auf Basis der Ernährungssouveränität,
- Mitbestimmungsrecht für die Bevölkerung bei der Verwendung öffentlicher Gelder
Wie alle Diskurse über Dezentralisierungen und Eigenermächtigungen, bleibt das Problem, dass Eigenverantwortung in kleinpolitischen Systemen nicht zwingernderweise zu besseren Standards in Sachen Umweltschutz oder Bezahlung führt.
Es muss vermutlich etwas von unten und von oben passieren: Ermächtigungen lokaler Produktionsstrukturen mit Mitentscheidungsrechten aller Beteiligten, sowie Aufklärungs- und Bildungsarbeit über gerechte(n) und nachhaltige(n) Produktion und Handel. Zusätzlich braucht es stärkere und gerechtere und Handelsregulierungen durch die WTO.
Es muss sich also insgesamt um die Frage drehen, wie Landwirtschaft und Landwirtschaftspolitik betrieben werden kann, ohne das Leben von Menschen kurz- und langfristig zu gefährden – während dies Umwelt-, Lohn-, und Handelsfragen gleichermaßen miteinschließt.
Wie Christian Zeller bereits bei der Konferenz Widerstand verbinden – gemeinsame Antworten entwickeln am Samstag den 15.09.18 feststellte:
„Man muss die ökologischen und sozialen Fragen zusammen denken. Wir müssen immer im Kern ansetzen und uns fragen: was, wie und für wen wollen wir produzieren?“
Der Vortrag Demokratische Lebensmittelpolitik gestalten – der Weg zur Ernährungssouveränität am 16.09.18 im Literaturhaus wurde von David Steinwender (Arbeitskreis Ernähurngssouveränität Graz) und Sigrun Zwanzger (Welthaus Steiermark) gehalten. Organisator war System change, not climate change als Teil von Solidarisches Salzburg im Rahmen des Alternativ Gipfels.
Der Alternativ Gipfel von Solidarisches Salzburg stellt eine einwöchige Gegenveranstaltung zum EU-Gipfel am 20.09.18 in Salzburg da, welcher anlässlich der Ratspräsidentschaft Österreichs abgehalten wird und vor allem die Migrations- und Grenzpolitik der Europäischen Union zum Thema hat. Der Alternativ-Gipfel möchte zum einen genau diese Politik kritisieren und thematisiert außerdem in rund acht Veranstaltungen die sozialen Ungerechtigkeiten sowie die weltweite Umweltzerstörung und diskutiert Lösungsansätze und Wege zu eben diesen.
Verfasst von Adrian Meißner – Praktikant am AAI