Was ich für mich gelernt habe? Nach dem wir schwitzend die letzte Etappe unserer Reise, einen kleinen Berg, erklommen haben, hat Vicky Factfulness als Abschluss vorgeschlagen, dass jede*r auf einen Zettel schreibt was jede*r auf der Reise gelernt hat.

Ich starre einen Moment panisch mein weißes Blatt an, mir will einfach nichts einfallen. Aber dann kehre ich ganz zum Anfang zurück, denke daran, wie wir über die Grenze zu diesem Land kamen, wie Vicky unsere Gruppe empfangen hat, unseren Weg vom Strand in den Wald bis auf dem Hügel, auf dem wir jetzt stehen. Und an all die Megatrugschlüsse und anderen Weisheiten, die wir auf dem Weg gelernt haben.

Ich setze den Stift ab und schreibe: “Factfulness soll keinesfalls die Entschuldigung sein, sich zurückzulehnen und nichts zu tun. Zum Einen soll es die Hoffnung geben, die wir brauchen, um die Dinge zu ändern, die wir ändern können. Zum Anderen soll es uns zeigen,  dass eben nicht alles den Bach runter geht.

Es soll lehren, dass wir uns kritisch mit den Medien und unserem Weltbild auseinandersetzen. Dass wir öfter mal einen Schritt zurück gehen und uns erinnern: die langsamen Prozesse brauchen Zeit. Es gibt eine stetige Verbesserung in vielen Bereichen, die uns eben nicht jeden Tag vor Augen geführt wird. Das ist wie wenn deine Eltern als Kind nie deinen Wachstum bemerkt haben und dann kommt man zu Verwandten und es heißt plötzlich “Mensch, du bist aber groß geworden”. Dass man weg von dem Ohnmachts Gefühl kommt und hinkommt zu Aktivismus. Weil unsere Gehirne oft mit Negativ-Schlagzeilen gefüttert werden und weil unsere Gehirne so funktionieren wie sie funktionieren, haben wir aktiv eine überdramatische Weltansicht gelernt. Genau so können wir aktiv eine faktenbasierte Weltansicht lernen!

Die Welt ist komplex und stark vernetzt. Viele Dinge tragen zum Status Quo bei. Jede*r ist selbst dafür verantwortlich, sich darüber zu informieren was für systematische Diskriminierungsprozesse in unserer Welt ablaufen (Stichwort: Sexismus, Rassismus, Ableismus, Ageismus etc.)  und wie wir diese (unbewusst) fortführen. “

Und was nun? Die Zettel sind eine Erinnerung and diese Erfahrung, meint Vicky. Wir bekommen sie als Erinnerungsstück mit nach Hause. „So vergesst ihr mich nicht!“, ergänzt sich lachend.

„Zum Abschluss noch eine Sache. Es ist okay, wenn ihr an manchen Tagen das Schlechte in der Welt seht. Jeder von uns kennt das Gefühl von Weltschmerz. Ich möchte hier niemanden an den Pranger stellen und sagen ‚So sieht die Welt aus und jetzt lach mal wieder!‘ Das ist wie mit anderen Routinen, die man aufbauen möchte. Man weiß, sie tuen einem gut, aber es gibt eben auch die Tage da fehlt einem die Energie. Dann hast du eben keinen Sport gemacht und den ganzen Tag auf der Couch gechillt. So what. Hör auf dein Bauchgefühl. You do you. Seid gut zu euch selbst und passt auf euch auf!“

Ich lasse meinen Blick schweifen. Über den Wald der Trugschlüsse, den Fluss, den Strand. Kann die Rufe der Tukane ausmachen, die sich mit denen anderer Waldbewohner mischen. Und ja, irgendwie fühle ich mich tatsächlich leichter.

Hier gehts zum vorherigen Teil der Geschichte.

Quellen:

Rosling H, Rosling O, Rosling Rönnlund A. Factfulness: Ten Reasons We’re Wrong about the World ‐ and Why Things are Better than You Think. London, UK: Hodder Stoughton; 2018.

Beitragsbild: von pexels auf pixabay

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